Trauerarbeit
Verwitwet: die vier Phasen der Trauer durchleben
Trauer durchläuft verschiedene Phasen
Um eine nahestehende Person zu trauern, ist eine schmerzliche Erfahrung, welche alle Gefühle miteinbezieht. Trauer ist keine Krankheit, die Sie mit Medikamenten problemlos heilen können. Es ist ein Prozess, der von Mensch zu Mensch unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Schliesslich ist plötzlich nichts mehr so, wie es vorher war. Laut der Schweizer Psychologin Verena Kast durchleben Menschen nach dem Verlust einer geliebten Person vier Trauerphasen. Sicher trauert jeder Mensch unterschiedlich, dennoch gibt Ihnen das Vier-Phasen-Modell die Möglichkeit, den Trauerprozess besser zu begreifen. So können Sie Ihre eigenen Gefühle nach dem Verlust eher verstehen und einordnen.
Erste Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen
Unabhängig davon, ob der Tod plötzlich und unerwartet eintritt oder abzusehen war: Der Tod eines geliebten Menschen verursacht einen Schock. Der Betroffene verleugnet den Verlust und fühlt sich wie in einem Traum. Er wirkt nahezu gefühlskalt und erwartet, bald aufzuwachen. Je nachdem, wie nahe der Hinterbliebene dem Verstorbenen stand, kann diese Phase Tage, aber auch Wochen anhalten.
Sie müssen diese Phase nicht alleine durchstehen. Suchen Sie sich jemanden, der Ihnen beisteht und Sie im Alltag unterstützt. Natürlich dürfen Sie sich auch zurückziehen. Verharren Sie jedoch nicht zu lange in der Einsamkeit.
Zweite Phase der Trauer: Aufbrechende Emotionen
In dieser Phase durchlebt die Witwe oder der Witwer alle Gefühle wild durcheinander. Trauer, Wut, Freude, Angst und Ruhelosigkeit wechseln sich ab und sorgen dabei auch für Schlafstörungen. Freunde und Bekannte sollten während dieser Phase viel Fingerspitzengefühl besitzen. Vielleicht passiert es, dass die trauernde Person jemandem die Schuld zuweisen möchte. Der Betroffene fragt sich, ob er es hätte verhindern können. Gleichzeitig kommt das Schicksal ins Spiel: "Wieso musste es ausgerechnet mich treffen?" Wie lange diese Phase andauert, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Einige verarbeiten diese Phase in ein paar Wochen, andere benötigen mehrere Monate.
Lassen Sie Ihre Gefühle zu. Sie dürfen wütend sein, schwerfällig oder depressiv. Verleugnen Sie Ihre Gefühle nicht, denn damit ziehen Sie den Trauerprozess unnötig in die Länge. Sprechen Sie mit nahestehenden oder qualifizierten Personen über Probleme, Ängste und Sorgen. Sie sind nicht alleine.
Dritte Phase im Trauerprozess: suchen, finden, sich trennen
In der dritten Phase sind Trauernde auf der Suche. Sie suchen nach der verstorbenen Person, nach verbindenden Orten und dem gemeinsamen Leben. Gemeinsame Erlebnisse werden zu besonderen Schätzen und erleichtern die Trauerzeit. Die verwitwete Person fühlt sich dem Verstorbenen plötzlich ganz nah und das kann sowohl schmerzhaft als auch unfassbar schön sein. Diese Phase kann Wochen oder Jahre andauern und bereitet den Betroffenen darauf vor, das Leben ohne die verstorbene Person weiterzuführen. Vielen fällt es nicht leicht, ja zum Weiterleben zu sagen. Sie verfallen in eine tiefe Depression, während dieser es auch zu Suizidgedanken kommen kann. Besondere Tage wie ein Geburtstag, Weihnachten oder der Hochzeitstag können für Rückfälle sorgen, doch das vergeht.
Suchen Sie sich jemanden, mit dem Sie über die verstorbene Person reden können. Lassen Sie alle Gefühle zu und vor allem: Nehmen Sie sich Zeit. Keiner darf von Ihnen erwarten, dass Sie umgehend weitermachen wie bisher. Haben Sie Ideen für die Zukunft? Suchen Sie sich jemanden, der Sie dabei unterstützt.
Vierte und letzte Phase: Neuer Selbst- und Wertebezug
In dieser letzten Phase werden der Witwe oder dem Witwer neue Möglichkeiten bewusst. Neue Beziehungen, andere Lebensstile oder ein ganz neuer Wirkungskreis werden möglich. Hinterbliebene erkennen nun, dass das Leben weitergeht. Sie kommen wieder in die Verantwortung für Ihr eigenes Leben und finden nach und nach Ruhe und persönlichen Frieden. Der Verstorbene wird für immer Teil des Lebens bleiben, aber auf eine andere Art und Weise. Ihnen wird bewusst, dass Verluste überstanden werden können. Der Tod erscheint unfair, gehört aber zum Leben dazu. Es fällt den Betroffenen fortan leichter, neue Menschen kennenzulernen und Ihr Leben wieder aktiv zu gestalten.
Jeder trauert auf seine Weise
Die Trauerzeit in verschiedene Phasen einzuteilen, dient als kleine Hilfestellung. Nicht jeder Mensch durchlebt diese Phasen auf gleiche Weise und über den gleichen Zeitraum. Manche überspringen Phasen, andere verweilen länger als üblich auf ein und derselben Phase. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten und so bieten die vier Trauerphasen die Möglichkeit, sich selbst oder andere Trauernde besser zu verstehen. Sind Sie unerwartet verwitwet, kommen Gefühle auf, welche Sie zuvor möglicherweise noch nie fühlen mussten. Alles ist neu, alles ist anders. Nehmen Sie die Gefühle an, wie sie kommen. Es gibt kein Schema, an das Sie sich halten müssen.
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