Strassenhunde helfen Senioren

Zu Tausenden wurden ungeliebte Strassenhunde in Rumänien getötet. Dass sie auch Menschen glücklich machen können, zeigt ein Projekt mit Senioren.
Hund, Haustier, treuster Begleiter, Menschenfreund
Der Hund – der beste Freund der 50plus (Bild: zvg)

Dies schreibt «tagi.ch».

Die auf den Strassen von Bukarest herumstreunenden Hunde gelten vielen Menschen in der rumänischen Hauptstadt als lästiges Übel, das nach Möglichkeit ausgerottet werden sollte. Mehrfach griffen die Tiere in den vergangenen Jahren Menschen an und zerfleischten sie.

Als dann im vergangenen Jahr auch noch ein vierjähriges Kind durch eine solche Attacke starb, verordneten die Behörden ein Einschläferungsprogramm. Doch zumindest einige der Streuner haben auch gute Seiten und können Menschen helfen. Das zeigt ein Projekt in einem Altenheim.

Rici, Tzuca, Mulan und Tibi heissen die vier ehemaligen Strassenhunde, die ein Seniorenpflegeheim westlich von Bukarest einmal in der Woche besuchen. Am beliebtesten ist der elfjährige Tibi. Wenn er von den Bewohnern getätschelt und gestreichelt wird, sitzt er ruhig da - und lässt sich mit Würstchen und Keksen verwöhnen.

"Mein Junge, meine Liebe", wird er von der 60-jährigen Elena Calugaru gerufen. Wenn sie mit ihm knuddelt, füllen sich ihre Augen mit Tränen. "Ich kann nicht in Worten ausdrücken, was ich fühle. Ich habe ausser Tibi niemanden in der Welt", sagt sie.

Rici ist der jüngste der vier Hunde. Er ist verspielt, laut und freundlich, wie seine Eigentümerin Iulia Miu sagt. Sie hat ihn vor zwei Jahren in einer Plastiktüte auf einem Parkplatz gefunden und sein Potenzial schnell entdeckt. "Nach anderthalb Monaten verstand er den Befehl Sitz", sagt sie.

Der Star aber ist doch Tibi. "Die meisten Bewohner sehen sich selbst in ihm", sagt Miu. Die Hunde bieten den Senioren nicht nur Liebe und Gesellschaft. Sie ändern auch deren Empfindungen. Diana Dumitrescu, Psychologin für Senioren, war zunächst skeptisch über das Projekt in ihrem Pflegeheim.

Mittlerweile aber hat sie ihre Ansicht geändert. "Es ist sehr wichtig für die Bewohner, etwas zu haben, auf dass sie sich freuen können. Es ist ein Grund für sie, immer dem kommenden Mittwoch freudig entgegen zu sehen." So hat sich auch für Alexandrina, die gut 70 Jahre alt ist, das Leben verändert, seitdem sie von Mulan besucht wird, einer vierjährigen cognacfarbenen Streunerin.

Dumitrescu sagt: "Alexandrina ist schizophren. Sie ging nicht raus, sie nahm nie mit jemanden Blickkontakt auf, bis sie die Hunde traf. Ab diesem Zeitpunkt wurde sie funktionsfähig." Der 78-jährige Constantin Ionita ist ebenfalls glücklich mit den Tieren. "Die Hunde tragen dazu bei, dass ich mich sicher fühle", sagt der ehemalige Volkswirt, der es geniesst, im Internet Ballettaufführungen anzuschauen.

"Sie tragen dazu bei, dass ich mich selbst besser fühle und sie bieten mir Liebe an." Bevor die Streuner auf die Senioren losgelassen werden, durchlaufen sie eine spezielle Ausbildung und müssen Tests bestehen. Victor Chitic, Psychologe von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, sagt, die Hunde seien durch einen gründlichen Auswahlprozess gegangen.

Ausgewählt würden lediglich die Tiere, die Menschen mögen und nicht aggressiv sind. "Als wir den Kampf- oder Fluchtreflex testeten, stellten wir sicher, dass sie eher fliehen als kämpfen", sagt er. Immer wieder würden die Tiere in Auffrischungskursen weiter ausgebildet und diszipliniert. Nachdem die Behörden in Bukarest das Programm zur Einschläferung der Streuner im vergangenen Jahr gestartet hatten, starben Tausende Hunde.

Viele andere kamen in die Obhut von Menschen oder in Tierheime. Trotzdem wird geschätzt, dass es in Bukarest noch immer Zehntausende Strassenhunde gibt. Sie haben mittlerweile prominente Unterstützer: Unter ihnen sind Schauspieler wie Hilary Swank, Brigitte Bardot und Steven Seagal. Aber auch das macht auf viele Einwohner der Stadt wenig Eindruck.

Viele haben weiter Angst vor den Tieren. Doch das Projekt im Altenheim könnte ihre Einstellung ändern.


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