liebster Selbstbetrug
Toll, dass ich so viel jünger aussehe
Schätzt man sich beim Blick in den Spiegel mit 40 noch auf Mitte Dreissig, schafft es ein Siebzigjähriger durchaus, sich für glatte 50 zu halten! Verrückt nicht wahr? Und bei mir stimmt es total", schreibt Eva Ihnenfeldt, Jahrgang 1959. Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin bei der Business Academy Ruhr mit Sitz in Dortmund.
Guck ich mit meinen 55 Jahren in den Spiegel, bin ich voller Anerkennung- also diese attraktive Frau da ist doch höchstens Anfang Vierzig! Als junges Mädchen habe ich mir wenig Gedanken über das Altern gemacht, da war ich wohl noch unsterblich.
Heute bin ich nicht mehr unsterblich, aber was soll ich sagen, innerlich fühle ich mich total jung, kennen Sie das? Ok, mein "Haustier" (so nenne ich meinen Körper heimlich) muss besser gepflegt werden als mit 25.
Ich passe auf mit Ernährung und Bewegung, gehe zweimal wöchentlich ins Fitnessstudio und horche darauf, ob es dem "Haustier" gut geht. Aber meine Pläne, meine Visionen, meine Begegnungen sind heute schöner und spannender als mit 25 - denn ich habe viel mehr Mut und Selbstbewusstsein!
Früher hatte ich ständig Sorge was andere Menschen von mir denken könnten - heute bin ich stolz auf mich und kann anderen Leuten gönnen, wenn sie mich nicht leiden können. Mit 45 habe ich mich selbstständig gemacht und bin so froh, dass ich seitdem arbeiten darf wie ich will und was ich will.
Klar ist das finanzielle Überleben wohl für alle Selbstständigen eine nie endende Prüfung (ist so, glauben Sie mir) - aber ich mache so gern was ich mache und ich habe so wunderbare Kollegen und Geschäftsfreunde, dass ich das gern in Kauf nehme.
Meine vier Kinder sind alle erwachsen und ausgesprochen lebenstüchtig - ich bin wieder frei und kann tun und lassen was ich will - was für ein Luxus! Ich fühle was ich will, denke was ich will, spreche und handle so, wie ich es gerade für angemessen halte.
Ich finde älter werden ist eine Gnade - solange das "Haustier" noch gesund ist. Ich weiss, auch diese Tage sind gezählt. Bei dem Einen früher, bei dem Anderen später - Gesundheit ist ein Geschenk und kein Verdienst.
Es kann jeden Tag vorbei sein mit der Unbeschwertheit. Doch gerade dieses Wissen ist für mich Ansporn, jeden Tag und jede Minute in "Echtzeit" aus vollen Zügen zu geniessen - ich habe keine Zeit mehr zu verschwenden, das habe ich begriffen.
Das Leben ist endlich. Auch wenn ich sicher 60 Stunden in der Woche arbeite, ist es weniger Mühe als Abenteuer und Lust. Ich kann etwas tun, und es kommt etwas dabei heraus. Das Leben macht Sinn und schenkt mir viele Glücksmomente.
Ich mag Menschen, ich finde sie lustig, aufregend und unterhaltsam. Mit Einigen kann man sogar gemeinsame Werke schaffen, und das ist jedes Mal wie ein kleines Wunder.
Moment, wie alt bin ich? 17 und total naiv? 28 und voller Tatendurst? 45 und erwachsen? 55 und bescheiden? Oder nicht auch schon ein bisschen 80 und gelassen und ohne weitere Wünsche?
Ich glaube ich bin alles im selben Moment: Mädchen, Frau, Oma, Greisin. Danke schön lieber Gott, dass ich Mensch sein darf - die Mutter Erde ist ein guter Ort zu leben.