Macht Bescheidenheit wirklich glücklicher?

Ist das Sprichwort noch aktuell, wonach Bescheidenheit eine Tugend sei? Und hat sie das Zeug, Ihr Leben positiv zu gestalten? Sogar glücklich zu machen?
Macht Bescheidenheit glücklicher?
(Bild iStock)

Bescheidenheit ist still und wirkt im Verborgenen

Tugenden allein sind noch kein Glück, sie müssen erst wertgeschätzt werden. Entweder durch die Umgebung, die sie erkennen und bewundern kann, oder durch ihre Träger selbst. Aber da beginnt ja schon das Problem mit der Bescheidenheit. Sie dürfen sich ja nichts darauf einbilden, bescheiden zu sein, sonst wären Sie es nicht. Ein bescheidener Mensch macht sich klein und bedeutungslos, er prahlt nicht mit seinen Tugenden und möchte nicht auf einem Sockel stehen. Seine Philosophie, denn das ist sie, blüht im Verborgenen. Seine Mitmenschen erkennen sie erst, wenn sie ihn näher kennen. Der bescheidene Mensch ist nicht von weitem gleich zu erkennen, er wird womöglich sogar verkannt und als Nobody behandelt, weil ihm alles das zu fehlen scheint, was gewöhnliche Menschen für erstrebenswert oder Indizien von Erfolg interpretieren. Dabei kann er dem Glück viel näher sein als viele, die durch Äusserlichkeiten sofort ins Auge fallen und als erfolgreich gelten, was nach gängigem Muster schon gleichgesetzt wird mit 'glücklich sein'. Ob er nun reich ist, dem Hedonismus mit vielen wechselnden Partnern frönt, oder laut polternd überschwänglich auftritt. Tja, vielleicht ist es aber auch nur Show, um eine Leere zu verbergen? Wir glauben nur zu gerne, jemand ginge es gut oder er wäre sogar glücklich, nur weil er für genau diesen Eindruck eine polternde Show gibt.

Mit Bescheidenheit allein wird man Sie meist falsch einschätzen

Ob die Leute diesen Charakterzug auch an Ihnen mögen, ist eine andere Sache. Ihre offensichtliche Seelenruhe könnte andere dazu versuchen, Sie zu übergehen oder Sie zu übervorteilen, da Sie für schwach gehalten werden könnten, vielleicht sogar für unbedarft und beschränkt gehalten werden. Sie müssen es nicht wirklich sein, aber Ihr stilles Auftreten wird nun mal dazu führen, dass man Sie unterschätzt. Besonders, wenn jemand Sie noch nicht seit vielen Jahren kennt. Leben Sie wie Dionysos in der Tonne, mag Ihnen das gleichgültig sein, was die Leute von Ihnen halten, aber Sie dürfen sich auch nicht über die Art und Weise wundern, wie diese mit Ihrer bescheidenen Art umgehen. Hoffentlich hängen Sie nicht davon ab, wie man Sie sieht. Mit anderen Worten, Sie nehmen diese Urteile besser hin. Über Konformismus sollten Sie schon hinaus sein.

Die Bescheidenheit als Zustand grosser seelischer Ruhe ist Bestandteil vieler Wertesysteme

Diesem Ziel vor Augen haben sich sehr wahrscheinlich zur Bedürfnislosigkeit erzogen; Sie brauchen keine Statussymbole und Luxus. Das Streben nach materiellen Gütern ist ja die Nummer Eins unter verbreiteten Zielen. Ob man es jetzt materielle Sorglosigkeit nennt, ein gutes Polster für die Familie oder man Luxus als Voraussetzung für Lebensgenuss sieht - es handelt sich um viele Varianten ein und derselben Sache. Ein bescheidener Mensch wird sich anders orientieren. Sie können in jeder Kleinigkeit schöne Dinge sehen, die nicht vom materiellen Wert abhängen. Oder was andere davon halten. Sie haben sich frei gemacht von Ehrgeiz und den gewöhnlichen Zielen, denen andere Leute so nachzustreben pflegen. Die Freiheit davon gibt Ihnen Ruhe - und vielleicht Glück, wenn Sie mit der Situation zufrieden sind. Die Bedürfnislosigkeit von Bestrebungen (die vielleicht nie zu erfüllen sind) hat einen hohen Stellenwert in so einigen philosophischen Schulen, aber auch in Religionen wie dem Buddhismus. Dort wird dieser Zustand durch Meditation zu erreichen versucht. 

Einige mögliche Einsichten, die Bescheidenheit lehren, sind:

  • Sie wissen, dass alles auf ein Ende zuläuft, erkennen die Vergänglichkeit und wehren sich nicht dagegen
  • Sie glauben sich in den Händen einer wohlwollenden höheren Macht
  • Sie vertrauen Ihrem Verstand und Urteil nicht und treffen darum keine Wertungen mehr
  • Sie setzen ganz auf Selbsterkenntnis und sind an Äusserlichkeiten nicht länger interessiert
  • Sie stecken sich nur kleine Ziele, wenn überhaupt welche, und sind mit kleinen Erfolgen bereits voll zufrieden

Bescheidenheit ist nicht zu verwechseln mit Stillstand

Sicher gibt es noch viele Wege mehr, sich über Gelassenheit und Verzicht dem Glücksgefühl, was immer eine Bedürfnislosigkeit und das Erreichen einer seelischen Ruhe sein dürfte, näherzubringen. Es ist eine sehr persönliche Frage, was für jemanden einen Zustand darstellt, der nicht mehr optimiert werden kann/muss und als ausreichend angesehen wird, um sich darin wohlzufühlen. Viele kommen zu ihren Lebzeiten nie dort an. Die Einsicht darüber, dass viele Bestrebungen von vornherein dazu verurteilt sind, nicht zum Ziel zu kommen, oder ständig wachsen, mit bereits erzielten Teilerfolgen, ist sehr wertvoll. Zwar muss man sich nicht in jeder Lebensphase dazu erziehen, keine Bedürfnisse zu besitzen, die es wert wären, sich dafür zu verausgaben, aber doch wenigstens im Alter sollte man sich dort einfinden. Da nun mal schon die Möglichkeiten mit dem Alter zu schrumpfen pflegen. Man kann sich dagegen auflehnen und dagegen ankämpfen, es leugnen und sich beweisen, dass es anders sei. Ein bescheidener Mensch findet sich dagegen eher damit ab und nimmt es hin, weil er weiss, dass dieses Aufbegehren und Beharren letztlich vergeblich sein wird. Damit hat er schon viel an "Blut, Schweiss und Tränen" eingespart. Die Einsicht allein mag noch nicht glücklich machen, aber wenigstens macht sie den Kopf frei oder sperrt Fenster auf zu anderen Dingen, die Zufriedenheit vermitteln.


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