TOURISMUS
Kitzbühel will die Generation 50plus
FOCUS Online: Herr Walter, beim Quality Life Forum treffen sich Wissenschafter, Industrielle und Meinungsmacher. Sie diskutieren über Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung und wie "Bestager" - die neuen 55+ Gesellschaft, die aktiv im Leben steht - am besten anzusprechen sind. Warum haben sie dieses Forum nach Kitzbühel geholt?
Gerhard Walter: Weil Kitzbühel sehr für Lebensqualität steht. Ich würde keinen anderen alpinen Ort kennen, der diesen Begriff der Lebensqualität mehr verkörpert als Kitzbühel, während des ganzen Jahres. Die Themen Tagungen, Meetings, Kongresse haben bei uns in den letzten zwei Jahren schon stark an Bedeutung gewonnen, weil dafür gute Voraussetzungen gegeben sind. Das Quality Life Forum wird in diesem Bereich sicherlich eine Vorzeigeveranstaltung sein. Ausserdem haben wir als Tourismusbranche ein Interesse daran, wie sich die Gesellschaft verändert, ihr Urlaubsverhalten und ihre Urlaubsgewohnheiten.
Die Gesellschaft hier in Deutschland und auch in Österreich wird im Schnitt immer älter. Wer heute über 50 ist, ist aber noch nicht alt. Wie wollen sie diese Bestager in Zukunft ansprechen und anlocken?
Momentan zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. Auch im Tourismus haben wir in den letzten Jahrzehnten fast schon gebetsmühlenartig davon gesprochen, dass wir gerade im Alpenraum das Angebot verjüngen und für junge Gäste attraktiver gestalten müssen. Party und Action waren angesagt und die Spassgesellschaft ist ausgerufen worden. Auf jedem Gipfel hätte am besten eine Partyband spielen sollen. Ich glaube, das wandelt sich momentan und dieser Wandel hat auch damit zu tun, dass sich die Gesellschaft verändert.
Wie muss sich die Tourismusbranche Ihrer Meinung an diesen Wandel anpassen?
Walter:Es gibt immer mehr Interesse am Ort selber, daran, was diesen Ort wirklich ausmacht. Landwirtschaft ist ein riesiges Thema und Produkte aus der Landwirtschaft. Die Berge werden zunehmend wieder mehr als Urlaubsort gesehen, wo man sich aktiv erholen kann.
In Winterverhältnisse waren in diesem Jahr nicht so rosig. Was tut ein Wintersportort wie Kitzbühel im Hinblick auf den Klimawandel, um weiterhin ein attraktiver Touristenmagnet zu bleiben?
Kitzbühel hat allen Unkenrufen zum Trotz sehr gute Winterverhältnisse gehabt auf der Piste. Wir hatten einen unglaublich erfolgreichen Winterstart. Unsere Ankunfts- und Besucherzahlen sind zweistellig über denen des Vorjahrs. Die Nächtigungszahlen liegen derzeit um etwa 15 Prozent über denen des Vorjahrs. Die Investitionen in die Qualität, sei es die der Bergbahnen, der Pisten oder der Beschneiungsanlagen machen sich bezahlt. Wir sind bis jetzt sehr zufrieden.
Was haben Sie denn erneuert?
Wir haben in einigen Bereichen alte Schlepplifte durch neue Sesselbahnen ersetzt. Wir haben ein Gebiet für Off-Piste-Ski erschlossen, das speziell Freerider sehr gut annehmen. Das Thema Freerider ist im Skibereich momentan das Thema schlechthin. Und Kitzbühel hat dafür sehr gute Voraussetzungen und tolle Angebote.
Sie sagten, auch die Beschneiungsanlagen haben sich bezahlt gemacht. Hatten Sie sie in diesem Jahr häufig in Anspruch genommen?
Wir haben sie zu Beginn des Winters sehr intensiv genutzt und dann später nicht mehr so häufig. Ohne die genauen Zahlen der Bergbahnen zu kennen, würde ich sagen, in normalem Ausmass. Wir schauen dem Klimawandel wirklich gelassen entgegen. Denn es gibt bei uns auch Untersuchungen von Meteorologen, die die Daten von Kitzbühel auswerten. Der Klimawandel lässt sich in Kitzbühel an diesen Daten nicht erkennen - eher im Gegenteil.