GENERATION-CLASH
«Hat die neue Generation kein Durchhaltevermögen?»
Die Nachwuchsjournalistin und der bekannte Autor stellen sich deshalb im «Blick am Abend» gegenseitig Fragen, um den Generation-Clash etwas abzufedern - oder sich gar gegenseitig zu verstehen.
"Young Küken" Joëlle Weil fragt:
Lieber Herr Ramspeck,
einem Pensionär erklärte ich, dass ich mich entschieden habe, irgendwann nur 80 Prozent zu arbeiten. Dafür sei ich bereit, auf Geld zu verzichten, denn mehr Zeit bedeutet mehr Lebensqualität. Damit stehe ich nicht allein da: In der Schweiz arbeiteten 2012 34,2 Prozent Teilzeit. Der ältere Herr reagierte darauf etwas überemotional. Meine Generation sei faul, habe kein Durchhaltevermögen, sei bequem. Können Sie mich verstehen? Oder halten Sie zu Ihrem etwas mürrischen Altersgenossen?
"Elder Statesman" Jürg Ramspeck antwortet:
Liebe Joëlle,
in diesem Fall bin ich eher der etwas mürrische Altersgenosse, obwohl ich durchaus nachempfinden kann, warum du gerne auf Geld verzichtest, wenn du dir dafür mehr freie Zeit für dich selber einhandelst. Ob man Teilzeit arbeiten kann, kommt doch aber ganz auf den Beruf an, den man ausübt. Selbstverständlich bietet der Arbeitsmarkt eine Menge Funktionen an, die sich problemlos in Teilzeit bewältigen lassen. Du bist aber Journalistin, und dazu möchte ich dir weitergeben, was vor 57 Jahren mein erster Chef zu mir gesagt hat: Wenn Sie Journalist sein wollen, müssen Sie sich bewusst sein, dass Sie das 24 Stunden am Tag sind. Ich dachte natürlich, ein paar Stunden werde ich wohl noch schlafen dürfen, aber ich habe ihn schon verstanden. Er meinte, dass dies ein Beruf ist, der nicht nur zu Bürozeiten stattfindet. Wenn du hinter einer Story her bist, dann nützt es dir nichts, beispielsweise einen Montag lang offiziell frei zu haben - sie wird dich auch an diesem Montag beschäftigen. Du wirst an diesem Montag statt Lebensqualität ein schlechtes Gewissen haben. Als Chefredaktor habe ich Kollegen, die mit dem Teilzeit-Wunsch an mich herangetreten sind, notorisch offeriert, lieber frei zu nehmen, wenn sie mit einer Arbeit fertig geworden sind - als sich in einen illusorischen Zeitplan zu zwängen. So viel Elastizität muss sein, damit journalistische Tätigkeit nicht zur Tretmühle wird.
www.blickamabend.ch
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