Wilde Nummer
Harley statt Treppenlift fahren
So werden sie für Unternehmen zwar immer wertvoller, als Kunden sind sie aber unberechenbar.
15 Megatrends bestimmen, wie wir morgen leben. Zukunftsforscher sagen voraus, was in den kommenden Jahrzehnten für uns wichtig wird: zum Beispiel Klimawandel, Energiewende und Urbanisierung, die Familie 2.0, neue Arbeitswelten.
"Diesen Megatrends können wir uns nicht entziehen", betont Eike Wenzel, Leiter des Instituts für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ), bei der Expertenkonferenz "Quality Life Forum" in Kitzbühel. Manche Menschen sträuben sich aber. Beispiel: Neo-Urbanisierung.
Obwohl die Bevölkerung immer mehr in die Städte strebt, sehnen sich vor allem die Alten nach Entschleunigung. "Alle Altersklassen verhalten sich heutzutage anders, als vor 50 Jahren", erklärt Wenzel. Ab einem Alter von 55 Jahren sprechen die Forscher deswegen von einem zweiten Aufbruch.
Während die Generation davor noch eine Familie gründete und schliesslich in Rente ging, beginnen viele Menschen über 55 heute noch einmal ein neues Leben: Neuer Job, neue Wohnung, neuer Partner. Der Markt für diese sogenannten Best Ager ist gross.
"Früher hat man die Alten kaum wahrgenommen, die werberelevante Zielgruppe lag lange bei 14-49 Jahren, das hat sich heute deutlich verändert", sagt Wenzel. Die Forscher rechnen damit, dass bis 2050 mehr als die Hälfte der Bevölkerung über 50 Jahre alt sein wird.
"Diese Alten fühlen sich fitter, sind aktiver und haben sichtlich andere Freizeitbedürfnisse." Dabei ist nicht nur die schiere Masse der Alten ein Anreiz für Unternehmen, auch der komplett geänderte Lebensstil müsste bedient werden. "80 Prozent der Alten haben einen guten Lebensstandard", erklärt Wenzel.
Nur 20 Prozent seien von Altersarmut bedroht. Die Generation 50plus geht es nicht nur deutlich besser, sie weiss auch, dass sie deutlich länger leben wird als ihre Eltern. Dadurch wird auch das Thema Gesundheit immer wichtiger.
Manche Marketingabteilungen haben die Best Ager inzwischen für sich entdeckt. Der erste Versuch, die gut betuchten Alten als Kunden zu gewinnen, ging allerdings nach hinten los. Treppenlifteund Seniorenhandys passen überhaupt nicht zum Lebensgefühl der Alten.
"Diese Menschen wollen nicht darauf festgelegt werden, dass sie alt, langsam und uninteressant sind", sagt Wenzel. Nur die Tourismus-Firmen hätten schnell richtig reagiert. "Wellness-Urlaub etwa gewinnt auch unter den Alten Deutschland immer mehr Fans." Die Alten geben ihr Geld also gerne aus - wenn Unternehmen sie geschickt ansprechen.
Trotzdem werden sie von der Werbung noch sträflich vernachlässigt. So sind 43 Prozent der Kunden von Porsche und Harley Davidson über 55 Jahre alt. Doch nur rund vier Prozent der Werbung zielt auf sie ab. Auch mit digitalen Techniken haben sich die Alten inzwischen angefreundet.
23 Prozent aller iPad-Nutzer sind älter als 55 Jahre. Sie sind damit die grösste Nutzergruppe von Tablets. Gleiches gilt für Smartphones. Das liegt auch am guten Design der Tablets. Das Motto ist "Design for all". "Dinge, für die ich etwas bezahle, müssen sich intuitiv bedienen lassen", erklärt Zukunftsforscher Wenzel.
Andere Erleichterungen nehmen auch Jüngere gerne an: Breitere Gänge im Supermarkt erleichtern allen das Leben. Wer die Best Ager als Kunden gewinnen will, muss sich Mühe geben. Die Generation 50plus ist deutlich anspruchsvoller als Jüngere: 20 Prozent der Konsumenten in diesem Alter lassen ein Produkt stehen oder geben es zurück, wenn sie sich auch nur über die Verpackung ärgern.
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