Konflikte der Generationen
Erziehungschaos: Grosseltern vs. Eltern
Wie entsteht das Erziehungschaos?
Die heutigen Grosseltern wurden noch ganz anders erzogen als die heutigen Eltern oder deren Kinder. Vieles, was damals selbstverständlich war, ist heute undenkbar, pädagogisch umstritten oder sogar verboten. Denken wir nur an die körperliche Bestrafung von Kindern. Gehörten damals Ohrfeigen oder Schläge auf das Hinterteil ganz selbstverständlich zur Erziehung, ist die physische und psychische Verletzung von Kindern heute beispielsweise in Deutschland sogar per Gesetz (§ 1631 II BGB) verboten. Und überhaupt wurde der Nachwuchs vor Jahrzehnten noch viel härter und strenger erzogen als heute. Zu streng, finden viele Eltern. Grosseltern behaupten dagegen gerne, dass die heutigen Kinder viel zu sehr in Watte gepackt werden und verweichlichen. Kein Wunder, dass es dann in vielen Fragen zum reinsten Erziehungschaos kommt. Vor allem dann, wenn sich die Grosseltern in die Erziehung einmischen und ihre alten Methoden anwenden wollen. Eltern bekommen dann oft zu hören: "Ihr müsst mal härter durchgreifen". Die wiederum beharren auf ihr eigenes Erziehungskonzept. Schon sind Streitigkeiten und Konflikte vorprogrammiert. Manchmal verläuft das Erziehungschaos aber auch genau anders herum: Wenn nämlich die Grosseltern ihre Enkel zu sehr verwöhnen. Ihnen heimlich Süssigkeiten oder ein Extra-Taschengeld zustecken. Sie viel länger fernsehen oder am Handy spielen lassen. Oder wenn die Kleinen bei den Grosseltern schlichtweg "alles" dürfen. Dahinter steckt das verständliche Bedürfnis, den Enkeln alle Wünsche zu erfüllen und sie glücklich zu machen. Es ist also ein Verwöhnen aus Liebe, allerdings mit einem Hintergedanken. Die Grosseltern möchten, dass sich die Enkel bei ihnen wohlfühlen und gerne zu ihnen kommen. Auch das ist natürlich allzu verständlich. Wenn Eltern jedoch nicht wollen, dass ihre Kinder ausser der Reihe Schokolade naschen oder länger als abgesprochen an der Konsole spielen, droht ebenfalls Erziehungschaos. Kinder spüren den Konflikt nämlich sehr genau, und manchmal versuchen sie sogar, beide Parteien gegeneinander auszuspielen.
Kompromisse finden und aufeinander zugehen
Beim kleinsten Anzeichen von Erziehungschaos sollten Grosseltern und Eltern aufeinander zugehen und aktiv das Gespräch suchen. Das ist gerade für Eltern kein leichter Schritt, denn sie sehen es oft gar nicht gerne, wenn sich Grosseltern in die Erziehung einmischen. Und auch wenn die Vorstellungen über das, was richtig und falsch ist, weit auseinandergehen, sollte man sich zunächst einmal fragen, warum man so empfindlich und nicht einfach ganz gelassen reagiert. Ist es tatsächlich ein Weltuntergang, wenn der Nachwuchs während des Sonntagsbesuchs bei Oma und Opa ausnahmsweise noch ein zweites Eis bekommt? Und müssen Grosseltern wirklich auf die vermeintlichen Helikoptereltern und ihrem angeblichen Drang zum Überbehüten schimpfen, weil die Mutter das Kind bei Sturm und Regen mit dem Auto vom Turnverein abholt, damit es nicht zu Fuss laufen muss? Manchmal hat das Erziehungschaos nämlich auch etwas mit einer ohnehin schon angespannten oder schwierigen Beziehung zwischen den Grosseltern und Eltern zu tun. Weil vielleicht schon damals, als die Eltern selbst noch Kinder waren, nicht alles glatt und ohne Konflikte lief. Doch die Erziehung ist kein Schauplatz, um Vergangenes aufzuarbeiten. Dafür sind Kinderseelen viel zu wertvoll. Vorausgesetzt, es spricht aus gesundheitlicher Sicht nichts dagegen, kann es doch auch völlig in Ordnung sein, wenn es bei den gelegentlichen Besuchen bei Oma und Opa ein paar mehr Süssigkeiten gibt. So ist und bleibt der Besuch bei den Grosseltern für die Kinder immer etwas Besonderes. Aus einem Kind wird auch nicht automatisch ein verweichlichter Erwachsener, nur weil es nicht bei einem Wolkenbruch kilometerweit zu Fuss nach Hause läuft.
Wann sollten Eltern oder Grosseltern doch eingreifen?
Wenn das emotionale oder körperliche Wohl des Kindes in Gefahr ist oder es einen echten Grund für oder gegen eine bestimmte Massnahme gibt, ist das Eingreifen nicht nur sinnvoll, sondern auch erforderlich. In diesem Fall müssen klare Absprachen erfolgen. Wird beispielsweise am nächsten Tag eine wichtige Klassenarbeit geschrieben, sollte das Kind auch bei Oma und Opa nicht bis in die Nacht hinein fernsehen. Dies müssen Eltern eindeutig kommunizieren. Umgekehrt sollten Grosseltern die Absprachen dann natürlich auch einhalten. So wird Erziehungschaos effektiv vermieden.
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