FILMKRITIK
Ein 50plus bekommt eine WG aufgedrängt
Der Film ist eine kluge Revue herrlich schräger Missverständnisse, ohne seine Figuren dabei der Lächerlichkeit zu überlassen, schreibt Sabine Fischer auf «stn.de».
Je älter man wird, desto weniger kann man sich vorstellen, sein Leben noch mal komplett auf null zu setzen. Besonders wenn man sich bereits mühevoll in einem Leben eingerichtet hat, das eigentlich ganz anders hätte verlaufen sollen.
Die Komödie "Gemeinsam wohnt man besser" erzählt von einem solchen Neuanfang, der nie einer hätte werden sollen. Nach dem Tod seiner Frau will Hubert die restlichen, ereignislosen Tage in seinem Pariser Loft nämlich einfach stillschweigend über sich ergehen lassen.
Doch als er bei der notgedrungenen Suche nach einer Putzhilfe den falschen Aushang erwischt, steht statt der polnischen Hilfskraft plötzlich die wohnungsuchende Studentin Manuela in der Tür - und die denkt gar nicht daran, wieder zu gehen.
Während Hubert so seine Probleme damit hat, dass eine neue Mitbewohnerin durch seine jahrelang kultivierten Gewohnheiten latscht, hat diese bereits neue Pläne: Statt sich die Wohnung allein mit dem tatterigen Miesepeter zu teilen, überredet sie ihn zu einem alternativen Wohnkonzept: eine Mehrgenerationen-WG.
Diese Konstellation arbeitet der Film zu einem doch recht vorhersehbaren Plot aus, der ohne grössere Kür-Elemente in gemächlichem Bruststil seine Bahnen zieht: Natürlich holt Manuela ihren tragisch vor sich hin trauernden Senioren-Mitbewohner mit ihrer Unbekümmertheit zurück ins Leben; natürlich entwickelt sich zwischen den übrigen beiden WG-Bewohnern eine leise, verklärte Romanze.
Und natürlich wird aus der WG schliesslich etwas, das weit näher an die Idee von "Familie" rückt als Hubert es zu Beginn geglaubt hätte. Ähnlich kennt man das ja bereits aus der französischen Komödie "Frühstück bei Monsieur Henri", in der sich ein Witwer plötzlich in der Gesellschaft einer planlosen Mittzwanzigerin wiederfindet.
Doch "Gemeinsam wohnt man besser" spielt auf so leichtfüssige und unterhaltsame Art mit dem Aufeinanderprallen gegensätzlicher Lebenskonzepte, dass die Ähnlichkeit der erzählerischen Grundgerüste kaum ins Gewicht fällt.
Mit klaren, komischen Situationsmontagen entwickelt Regisseur François Desagnat eine kluge Revue herrlich schräger Missverständnisse, ohne seine Figuren dabei der Lächerlichkeit zu überlassen.
Trotz fehlender tragender Konflikte wird gerade durch diese kleinen, manchmal bis zur Skurrilität ausgeleuchteten Alltagskonstellationen das Aufbäumen, Wegstossen und Neu-Ankommen der Protagonisten sichtbar.
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