Kapitalanlagen
Die Alterung ist für Anleger eher Chance
Die Bevölkerung altert. Nicht nur in der Schweiz, auch in andern Industriestaaten und sogar in China. In der Schweiz wird gemäss einem "mittleren Szenario" des Bundesamts für Statistik der Anteil der über 65-Jährigen an der gesamten Wohnbevölkerung in den nächsten fünf Jahrzehnten von 17,1% (2010) auf 28,3% (2060) wachsen.
"Auch bei stärkerer Einwanderung kann die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter nicht gleich rasch ansteigen wie diejenige der Personen im Pensionsalter", schreiben die Autoren in ihrem Bericht. Der Alterungstrend wird Sozialstaaten vor grosse Herausforderungen stellen.
Aber was bedeutet "die Macht der Demografie" für Investoren? Noch vor fünf Jahren, als die ersten Babyboomer in Rente gingen, wurden Schreckensszenarien für den Aktienmarkt an die Wand gemalt - vor allem in Amerika. Die stark steigende Zahl der Rentner würde mit Aktienverkäufen den Markt überfluten, hiess es.
Es waren dann nicht die Pensionäre, sondern die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die einen Börsencrash auslösten. Heute wird die Frage der Alterung für Anleger zwar immer noch kontrovers, aber nüchterner diskutiert. Die einen sehen in der Demografie eine Konjunkturbremse, die anderen aber auch grosse Chancen.
Für den Zuger Hedge-Funds-Manager Felix Zulauf, einen Mann mit Guru-Status, ist klar: "Die Demografie in den meisten Industriestaaten, inklusive Schwellenländer wie China, bietet mit Bevölkerungsstagnation und Überalterung keine guten Voraussetzungen für Wachstum."
Für die Schweiz und auch andere Industrieländer stimmt zwar die Alterungsprognose, aber nicht die Stagnationsthese. Das mittlere Szenario rechnet in der Schweiz mit einem Anstieg der Wohnbevölkerung bis 2060 auf rund 9 Mio. Personen.
Zudem dürfe man nicht übersehen, so die meisten Experten, dass es sich bei der Demografie um einen eher langsamen Trend handle, der schwierig für den gesamten Aktienmarkt zu prognostizieren sei. Kommt hinzu, dass die alternde Bevölkerung im Westen im Schnitt relativ wohlhabend und kaufkräftig sein wird.
Gemäss einer Studie der Unternehmensberater McKinsey werden 2020 zwei Drittel der Finanzvermögen in den USA den über 55-Jährigen gehören. Analysten rechnen weltweit damit, dass die über 65-Jährigen mehr ausgeben werden als die unter 45-Jährigen. Auch in der Schweiz gehören die Senioren im Schnitt zu den Kaufkräftigen.
Darum erstaunt es nicht, dass die Demografie-Diskussion aus Anlegersicht eine andere Wende nimmt. Man malt weniger auf der Makro-Ebene schwarz, sondern analysiert die Marktchancen, die die Demografie für Unternehmen bietet. Die Fonds-Industrie hat sofort reagiert.
Die grossen Fondshäuser Fidelity und Schroders, die Allianz-Versicherung und die Genfer Bank Lombard Odier haben Fonds-Produkte mit Aktien lanciert, welche von der Demografie profitieren dürften. "Wir haben herausgefunden, dass Unternehmen darüber nachdenken, wie die Welt in 20 Jahren aussieht, und dementsprechend ihre Produkt-Strategien den Bevölkerungstrends anpassen", sagt Nicola Stafford in der Geldbeilage der "Financial Times".
Stafford ist Portfolio-Managerin des Fidelity Global Demographics Fund. In der Tat sind wieder mehr Beobachter überzeugt, dass ein grosser Treiber der Weltwirtschaft die Innovation sein wird. Jim O'Neill, ehemaliger Chef von Goldman Sachs Asset Management, glaubt generell, dass Unternehmen wieder aktiver, sprich innovativer und investitionsfreudiger werden.
Welches sind die Gewinner der Demografie-Trends in den Augen der Fonds-Manager? Nicht überraschend steht die Gesundheitsindustrie (etwa Roche) im Vordergrund. Aber auch Getränkekonzerne (Diageo) und Konsumgüter-Unternehmen stehen im Fokus.
Zu den Favoriten gehören auch die Kosmetik (L'Oreal)´ und sogar Banken. Darunter als grosser Vermögensverwalter mit starker Stellung in Asien die UBS. Ob Anleger Demografie-Fonds in ihrem Portfolio haben müssen, ist Ansichtssache. Klar ist, dass es kaum eine Alternative zu einem Korb erstklassiger Aktien gibt.
Eine neue Studie der CS zeigt nämlich, dass starke Unternehmen mit grosser Wahrscheinlichkeit auch noch in 30 Jahren stark sein werden.