ALTER
Altersheim wirbt um schwule 50plus
Schrille Dragqueens, Frauen im Lackoutfit, die Schwuhplattler und dazwischen ein Infostand eines Altersheims? Ja, das gibt's. Und zwar am Wochenende beim Christopher Street Day. Die Münchenstift GmbH wird erstmals bei der Parade der schwul-lesbischen Szene dabei sein.
Denn das städtische Unternehmen geht neue Wege: Es will seine zwölf Häuser für homosexuelle Seniorinnen und Senioren attraktiver machen. "Wir möchten, dass sich die Stadtgesellschaft in unseren Häusern widerspiegelt", sagt Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker. Und darum hat der ehemalige Grünen-Stadtrat eine mutige Kampagne auf die Beine gestellt.
Beim Regenbogen-Umzug durch die Innenstadt am Samstag werden Karten verteilt, die einen jungen Mann mit nacktem Oberkörper zeigen und dem Spruch: "Jung, Schwul. Liebe leben." Auf der Rückseite ist ein älterer Herr mit einem Pfleger und dem Satz "Alt. Schwul. Leben lieben." abgebildet.
"Wir verstehen unsere Aktivitäten als ein Signal dafür, dass wir künftig aktiv auf die schwule und lesbische Community zugehen wollen und den Dialog suchen", sagt Benker. Menschen, die ihre Homosexualität für einen grossen Teil ihres Lebens verschweigen mussten, dürften in den Heimen nicht diskriminiert werden.
"Wir wollen keine schrägen Blicke, wenn in einem Zimmer die Enkel eines Bewohners und im anderen der Lebenspartner zu Besuch ist", sagt Benker. Künftige Generationen, die sich schon früh geoutet hätten, würden sowieso erwarten, dass auf ihr Lebensumfeld Rücksicht genommen werde. "Diesen Prozess versuchen wir über die nächsten Jahre voranzutreiben."
Dass das nötig ist, hat ein Vorfall Anfang des Jahres gezeigt. Damals wurde ein schwuler Rentner von einem katholischen Pflegeheim nicht aufgenommen - weil er schwul ist. Und wie reagiert die Szene selbst? "Im Guide zum CSD gab es eine Anzeige der Münchenstift Häuser: Die wurde von den Leuten wahrgenommen und geschätzt", sagt CSD-Mitorganisator und Rosa-Liste-Stadtrat Thomas Niederbühl.
Doch nicht nur für Schwule und Lesben sollen die Senioreneinrichtungen einladender werden. Benker will auch mehr Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen. Ihr Anteil an den 3000 Bewohnern liege unter zehn Prozent - obwohl er in der Stadtgesellschaft dreimal so hoch sei.
Eine eigens geschaffene Stabsstelle mit dem Namen "Vielfalt" kümmert sich jetzt um die Öffnung - etwa diese Sonntag beim Bayerisch-Griechischen Freundschaftsfest.